Heute schon etwas Nettes gesagt oder geschrieben?

Heute ist der Tag der Komplimente. Ein Tag, dessen Bezeichnung mich gerade angesichts der an vielen Orten zunehmenden „Kommunikationsunkultur“ einerseits ein bißchen ratlos macht, andererseits dazu motiviert über mein eigenes Kommunikationsverhalten (gerade auch in sozialen Medien) nachzudenken.

Das Spiel mit Nähe und Distanz
Vor ein paar Jahren habe ich an der Akademie der Ruhr-Universität eine zweijährige Weiterbildung im Bereich Mediation und Konfliktmanagement absolviert. Es war eine Zeit, in der ich natürlich viel über Mediation, Konflikte und Methoden zur Konfliktlösung gelernt habe. Gleichzeitig habe ich aber auch viel über mich selbst gelernt – gerade auch im Hinblick auf mein Auftreten, meine Selbstwahrnehmung und die (jeweilige) Fremdwahrnehmung. Kommunikation spielt da natürlich eine große Rolle. Es war interessant und gleichzeitig eine Herausforderung, dieses Thema auch in der Studienarbeit zum Thema Kooperation zu vertiefen. Meine berufliche Herangehensweise, die sich auch in meiner Kommunikation zeigt, ist von der Tendenz her „kritisch-analytisch“. Eine Herangehensweise, die natürlich mit einer gewissen Distanz verbunden ist. Diese Distanz empfinde ich für mich im beruflichen Bereich als hilfreich und notwendig, vor allem um (rechtliche) Probleme überhaupt zu sehen und ansprechen zu können. Die (fast natürliche) Folge ist eine eher fehler- und defizitorientierte Gesprächskultur – ich sehe das, was fehlt, was falsch ist, was problematisch ist und auch mir wird eher berichtet, was fehlt, noch nicht fertig ist, noch gemacht werden muß. Dank und Lob gibt es natürlich auch – aber schon eher selten und in eher kleinen Portionen. Ich schreibe das nicht, weil ich jetzt bemitleidet werden möchte, sondern eher als Ausgangspunkt meiner Überlegungen, die auch mit den aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen zu tun haben.

Kooperation ist aber gerade auch das Herstellen von Nähe – kommunikativer Nähe. Das war für mich ein durchaus schwieriger Aspekt, mit dem ich mich für meine Studienarbeit bewußt beschäftigen mußte.

Meine damalige Aufgabe an mich: etwas Nettes schreiben
Im Januar 2012 durfte ich meine Studienarbeit als erste in unserer Gruppe präsentieren. Ich hatte lange überlegt, wie ich das Thema angehe. Schriftlich hatte ich zu dem Thema Nähe und Distanz einige persönliche Absätze geschrieben, aber ich wollte das, was ich gelernt hatte, auch in der Praxis „zeigen“. Nach längerem Nachdenken kam ich auf die Idee für jeden Teilnehmer der Weiterbildung einen eigenen Briefumschlag mit einer freundlichen Botschaft zu schreiben. Bei einigen, mit denen ich damals befreundet war, fiel mir das ziemlich leicht. Bei einigen weiteren, mit denen ich mich gerne unterhielt, war das auch noch ziemlich einfach. Aber bei einigen war es auch ziemlich schwierig. Nicht jeder Kursteilnehmer war mir in den zwei Jahren gleichermaßen ans Herz gewachsen ……. Ich weiß heute nicht mehr, was ich den Einzelnen geschrieben habe und das ist auch nicht wichtig. Es war das bewußte Durchbrechen von Distanz und kritischer Analyse, die für mich ein besonders schönes Erlebnis war.

Und was hat das mit dem Tag der Komplimente zu tun?
Meine damalige Erfahrung hat interessanterweise viel mit dem Tag der Komplimente zu tun. Ich sehe einerseits oft sehr überschwängliche Worte, die ich selber nicht nutzen würde (Beispiel: die wunderbare X, der wunderbare Y), ich sehe andererseits oft sehr harte Worte, die aufgrund der räumlichen Distanz und der Wortwahl als noch einmal härter wahrgenommen werden, als sie (vermutlich) gemeint sind. Aus harten Worten werden dann oft harte und feindliche Schlagabtäusche, die mit Gesprächen und Kommunikationskultur nichts mehr zu tun haben. Wie wahr fühlt sich da oft der Ausspruch „der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“ an.

„Dummerweise“ können wir aber nicht allein existieren. Der Ausspruch „Niemand ist eine Insel“ macht das deutlich – Gesellschaft braucht eine gewisse (kommunikative) Nähe. Diese Nähe kann durch einen Gruß, ein freundliches Wort oder ein Lächeln entstehen. Nadia Zaboura hat das auf Twitter vor kurzem als „soziales Gewebe“ bezeichnet. Eine schöne Bezeichnung wie ich finde.

Das Gewebe der freundlichen und netten Äußerungen
Der Begriff des Kompliments hat mir immer Bauchschmerzen bereitet, weil das lobende oder schmeichelnde Element so stark herausklang. Es stellt sich jedoch ganz anders dar, wenn wir eher an wohlwollende oder freundliche Äußerungen denken. Komplimente sind dann nicht mehr „freundliche Lügen“ (Du siehst heute aber gut aus) oder aktueller „alternative facts“, sondern ein Faden im Gewebe der Gesellschaft – ein Faden, der ein Gespräch werden kann – was wiederum wunderbar zum Begriff des „Threads“ (Gesprächsfaden) paßt. Wenn aus einzelnen Fäden ganz viele Gesprächsfäden werden, dann können wir gemeinsam Gesellschaft gestalten.

Ja, mir fällt es heute noch weniger als damals (für meine Kurskollegen) leicht, gute und freundliche Worte für die Menschen zu finden, deren Einstellungen, Worte und Handlungen ich ablehne. Aber mit völliger Ablehnung spiele ich das Spiel mit und schneide Fäden ab und ich habe gerade nicht das Gefühl, das zerschnittene Fäden ein gutes soziales Gewebe sind. Vielleicht schaffe ich es nicht, die Worte zu schreiben oder auszusprechen – aber (und auch das ist etwas, was ich aus der Weiterbildung mitgenommen habe) ich werde intensiv darüber nachdenken, welchen guten Grund jede(r) Einzelne hat, so zu reden und zu handeln, wie er/sie es tut.

Die Sprache der Digitalisierung ….

Freitag war ich auf einem Summit in Essen. Leider war ich etwas spät dran und so habe ich die Keynote und die ersten Vorträge „Thing big“, „Shift your brand and earn money“ und „From idea to growth“ verpaßt. Aber ich war rechtzeitig zum Fireside-Chat über „The major triad“ da. Sozusagen die letzte Runde vor dem Lunch-Break.

Nach dem Lunch-Break ging es mit einem Afterlunch Kickoff weiter, bevor die Themen „Customer Connectivity“ und „Let’s get together“ behandelt wurden. Irgendwann habe ich von der Conference zu den Sessions gewechselt – dort ging es „Stumbling Blocks & Bottlenecks“, „Local Connections“ und „People and Potentials – Digital Skills“. Leider reichten meine Skills nicht aus, um rechtzeitig an den Coffee Break zu denken und so habe ich die Muffins verpaßt. Auch Matchmaking und SpeedDating sind an mir vorbeigerauscht.

Auf die Session zu „Dedication & Loyalty“, das Networking und das Dinner Buffet habe ich dann verzichtet.

Mich hat es – ganz ehrlich – nicht angesprochen! Und genau darum geht es mir „hier“: Natürlich nutze auch ich viele „denglische“ Begriffe, wenn es um den Bereich Internet und Digitalisierung geht. Aber am Freitag waren es – für meinen Geschmack – einfach zu viele „englische“ beziehungsweise „denglische“ Begriffe, die für den Inhalt weder hilfreich noch notwendig waren. Verstecken wir uns hier hinter einer (vermeintlichen) Fachsprache, um uns noch weniger mit Digitalisierung inhaltlich zu beschäftigen?

#EUdialogues – der Nichtdialog der EU

Heute, gerade während ich diesen Blogbeitrag schreibe, findet in Köln der Bürgerdialog im Schokoladenmuseum statt. Alle Bürgerinnen und Bürger sind – angeblich – herzlich eingeladen, über die Zukunft Europas und Ihre Wünsche und Vorstellungen zu diskutieren. Alle? Nein, nicht alle. Denn nur die Bürgerinnen und Bürger, die es tatsächlich geschafft haben, einen Platz in Köln zu ergattern, können diskutieren. Ein Livestream war laut Einladung geplant, so steht es auch auf der Seite zum Bürger-Dialog. Aber: es gibt ihn nicht. Ich bin bei dieser Veranstaltung doppelt gescheitert – ich hatte mich für die Veranstaltung angemeldet, jedoch nur einen Platz auf der Warteliste bekommen. Ich muß wohl nicht erwähnen, daß es keine weiteren Rückmeldungen gab. Also habe ich auf den angekündigten Livestream vertraut. Ich habe den Hashtag bei Twitter verfolgt – um den Ort und Beginn eines Livestreams rechtzeitig mitzubekommen. Fehlanzeige! Erst auf Nachfrage bekam ich die Information, daß es keinen Livestream gibt. Das Denkwürdige: gerade an dem Abend, an dem der Digital Kommissar Oettinger dabei ist, gibt es keinen Livestream. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Und der Dialog? Findet halt nicht statt. Zumindest findet kein Dialog statt, an dem ich irgendwie teilnehmen könnte. Ich wurde statt dessen auf eine Seite verwiesen, wo ich Fragen zur EU stellen kann. Hallo? Ich habe keine Fragen zur EU – ich wollte gerne über die EU diskutieren und zwar mit dem Digitalkommissar. Dieser Dialog ist anscheinend weder möglich noch gewollt.

Dialog mit den Bürgern? Leider nur hinter verschlossenen Türen – das ist das Bild, das Europa heute (und ehrlich gesagt nicht nur heute) bei mir hinterläßt!

Die Suche nach dem richtigen Hashtag ….

Heute ist der 9. November. Ein Tag, der ohnehin schon „geschichtsbeladen“ ist. Bisher schlug dieser Tag für mich einen Bogen zwischen dem traurigen und schlimmen 9. November 1938 und dem freudigen 9. November 1989. Auf eine gewisse Art und Weise war das ein Bogen – eine Art „gutes Ende“ einer sehr schlimmen Geschichte.

Doch dieses Jahr kommt wieder ein 9. November dazu. Ich weiß noch nicht, ob er in seiner gesellschaftlichen, politischen und historischen Bedeutung das Ausmaß der beiden anderen Tage erreichen wird. In den USA wurde Trump zum Präsidenten gewählt. Der Wahlkampf war irritierend und verstörend. Mir ist schon klar, daß in dem Begriff „Wahlkampf“ eben auch sehr stark die Idee des „Kampfes“ steckt – aber Ton, Umgang und auch manche „Inhalte“ haben meine gefühlten Grenzen doch sehr stark überschritten. Natürlich heißt das nicht, daß Trump ein schlechter Präsident werden muß. Viel schlimmer finde ich eigentlich die gedanklichen und tatsächlichen Auswirkungen, die dieser Wahlkampf und der Wahlgewinn in gesellschaftlich und politisch in Deutschland, in anderen europäischen Ländern und auch allgemein in Europa haben kann.

In dieser Stimmung habe ich heute ein sehr gutes und auch sehr ausführliches Twittergespräch mit Peter Jakobs geführt. Ein Gespräch für das ich sehr dankbar bin, weil es auch um die Möglichkeiten und Grenzen von (positiver) Veränderung ging. Zu diesem Thema paßten dann auch die Tweets von Sabria David hier und hier.

Ja, ich glaube, daß das tatsächlich der richtige Weg ist. Wir sollten gemeinsam überlegen, wie wir unsere Gesellschaft und unsere Demokratie in Deutschland und Europa gestalten. Welche Ideen haben wir? Welche Fragen stellen wir uns? Was wollen wir ausprobieren? Und irgendwie fehlt mir dazu noch der richtig gute Hashtag – zukunftsgewandt, zu Aktivitäten einladend, offen …..

Welcher Hashtag würde Euch ansprechen und bewegen?

Hashtagverbot …….

Seit gestern habe ich die Diskussion um das „Hashtagverbot“ verfolgt. Dieses Thema hat natürlich eine rechtliche Seite – dazu haben sich Thomas Stadler und Thomas Schwenke schon geäußert.

Hier geht es mir um etwas anderes – um die gesellschaftliche und persönliche Seite, die so ein „Hashtagverbot“ mit sich bringt. Ich selber bin wenig sportbegeistert – schon als Kind war ich immer froh, wenn der Sportunterricht ausfiel. Trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb) habe ich die großen Sportereignisse immer gerne verfolgt. Ich erinnere mich gerne an das Mitfiebern mit den vielen Sportlerinnen und Sportlern aus aller Welt und auf den Blick auf auch eher unbekannte Sportarten. Diese Begeisterung ist seit ein paar Jahren vorbei. Das Thema „Kommerzialisierung“ war irgendwie schon lange ein problematisches Thema, das Thema Menschenrechte kam irgendwann dazu. Trotzdem hatte ich – für mich – immer noch den Eindruck, daß da ein „Kern“ da war, der mich interessierte. Vielleicht wäre dieser Kern immer noch da, aber ich erlebe für mich eine „Wertekollision“.

Für mich waren die großen Sportereignisse immer auch gesellschaftliche Ereignisse. Früher saßen halt alle zur selben Zeit vor dem Fernseher, heute teilen wir unsere Erlebnisse über Social Media – zum Beispiel über Twitter. Und da fängt mein Problem an. Ich bin selbständig und nutze Twitter eben auch beruflich. Eigentlich kein Problem, wenn die „Auslegung“ von Werbung mit dem Ereignis durch die Verbände nicht so wahnsinng ausufernd wäre. Ja, ich habe durchaus Verständnis dafür, daß die Verbände Angst vor „ausnutzender Werbung“ (sogenanntes Ambush-Marketing) haben. In ihrer Angst sind die Verbände aber schon 2012 nach meinem Gefühl zu weit gegangen (siehe zum Beispiel hier und hier). Und dieses Jahr wird es halt noch ein bißchen schlimmer …….

Es ist sicherlich eine Frage, ob und in welchem Ausmaß das vom DOSB verkündete „Hashtagverbot“ für (damit werbende) Unternehmen verfolgt wird, was tatsächlich als Werbung empfunden wird. Was bei mir als Twitternutzerin und potentieller Zuschauerin hängenbleibt, ist der Wunsch, Hashtags zu monopolisieren – weit über das Notwendige hinaus. Ich habe keine Lust mir bei jedem Tweet Gedanken machen zu müssen, ob irgendjemand einen Tweet zu dem Sportereignis als Werbung für mich mißverstehen könnte. Ich habe keine Lust, daß mir irgendjemand unterstellt, mein Twittern über ein Sportereignis sei Werbung für mich. Wenn ich das, was ich sehe, aber nicht risikolos teilen kann, dann habe ich an dem Ereignis auch keinen Spaß. Daraus folgt für mich, daß ich das Sportereignis überhaupt nicht mehr verfolgen werde – weder vor dem Fernseher noch bei Twitter (auch in anderen Social-Media-Kanälen nicht). Die Hashtags werde ich – soweit möglich – blocken. Damit „entgeht“ mir dann auch die Werbung der offiziellen Partner. So wird aus früherer Begeisterung völlige Ablehnung.

Lieber DOSB – war es das, was Sie erreichen wollten?

Beste Nachricht des Tages

Es gibt im Moment ja viele schlechte Nachrichten – Angst und Schrecken, wohin man auch schaut. Schon lange habe ich gedacht, man könnte auch mal die guten Nachrichten stärker betonen. Aber „man“ – das sind natürlich immer „die anderen“ und irgendwie sagen die vermutlich auch „man könnte ja mal …“.

Wie auch immer: heute hat mich eine Nachricht erreicht, die für die große Welt vielleicht nicht „weltbewegend“ ist, die mich aber doch sehr gefreut hat – die wirklich beste Nachricht des Tages. Und als ich beim Blaubeerpflücken am Abend noch einmal über diese Nachricht nachdachte, mich noch einmal mit dem Absender freute, da habe ich beschlossen, daß ich mit dieser Nachricht die Kategorie der „guten Nachrichten“ eröffne.

Die beste Nachricht des Tages stammt von Christian de Vries und hier ist seine Nachricht.

Kann es eine bessere „gute Nachricht“ geben? Wohl kaum!

Kann denn Lesen Hobby sein?

Manchmal kommen Themen, die mich interessieren, auf ganz spannende Weise „zusammen“.
Schon seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit „Fragen“ – vor allem mit guten Fragen, die Gespräche eröffnen und ermöglichen, die Nachdenken erlauben und einfordern.
Mittlerweile stoße ich auch immer wieder auf den Gedanken/die Frage, ob wir uns zu sehr mit (vermeintlich) „gewinnbringenden“ Dingen beschäftigen und wie das uns und unsere Gesellschaft prägt. Dazu passend habe ich vor ein paar Tagen begonnen das Buch „Von der Nützlichkeit des Unnützen“ (Untertitel: Warum Philosophie und Literatur lebenswichtig sind) von Nuccio Ordine zu lesen. In diesem Buch stellt Nuccio Ordine anhand von vielen literarischen und philosophischen Beispielen die Gedanken der „Nützlichkeit“ und der „Zielorientierung“ in Frage. Ein sehr spannendes Buch. Man kann sich leicht vorstellen, daß mich gestern die nachfolgenden Tweets sofort zu einer Antwort „reizten“:

Ausgangstweet: Kann man (heute) ein Hobby haben, das man nur seiner selbst wegen ausführt und nicht wegen Erfolg oder Anerkennung? Und ist das sinnvoll?

Zweiter Tweet: Ich frage, weil mir keines einfällt, das nicht wenigstens durch ein wenig Drang nach Anerkennung motiviert ist.

Dritter Tweet: Selbst gelesene Bücher landen häufig im Bücherregal für alle sichtbar. Man redet/bloggt über zuletzt gelesene Bücher.

Hier war sie – die spannende Frage! Und ich habe sofort mit einer Gegenfrage geantwortet:

Mein Antworttweet: Ist das denn schlimm? Ist nicht vielmehr entscheidend, ob ich etwas tue (zB Lesen) weil es mir wichtig ist?

Es folgte – und dafür war die Frage ein sehr guter Ausgangspunkt – eine spannende Diskussion über die Definition von Hobbies, über das Verständnis und die Notwendigkeit von Erfolg, Anerkennung und Zielen und die Abgrenzung zu Begriffen wie Zeitvertreib und Interesse. Wer möchte kann die Diskussionen (es gab noch weitere) hier und hier nachlesen.

Ich nehme diese wirklich gute Diskussion nun als Ausgangspunkt für meinen Blogpost!

Was ist denn eigentlich ein Hobby?
Irgendwann im Laufe des Gespräches tauchte die Frage auf, wie man ein „Hobby“ eigentlich definiert. Ich möchte diese Frage hier an den Anfang stellen, weil das eigene Verständnis des Begriffes „Hobby“ auch viel mit den Inhalten, Anforderungen und Abgrenzungen zu tun hat.

So richtig habe ich mir – vor dem gestrigen Gespräch – nie Gedanken über die Definition des Begriffes gemacht. Für mich war es immer etwas, das mit Entspannung und Freizeit zu tun hat, etwas das ich selbst auswähle. Die Definitionen, die ich gefunden habe gehen auch in diese Richtung – spannend ist dabei die Ableitung vom englischen Wort „hobby horse“ (wieder etwas gelernt!).

Schwierig ist auch die Abgrenzung zum Begriff „Zeitvertreib“. „Zeitvertreib“ empfinde ich in einem gewissen Ausmaß als wertenden Begriff, der irgendwie leicht negativ klingt – ich denke spontan an Langeweile, Zeit totschlagen müssen und Ähnliches. Eine richtige Abgrenzung konnte ich nicht finden, interessant fand ich aber, daß als Synonym für „Hobby“ auch „liebster Zeitvertreib“ angegeben wird. Ja, das paßt schon eher.

Brauchen Hobbies ein Ziel?
Eine verstörende Frage! Ich lese viel und gerne – aber in der Regel ohne ein konkretes Ziel und ohne Gedanken an die „Einsetzbarkeit“ oder „Nützlichkeit“ einer bestimmten Lektüre. Wenn ich etwas lese, lesen möchte – dann mache ich das, weil ich neugierig bin, weil mich das Thema oder der Autor/die Autorin interessiert, weil ich mich gerne mit bestimmten Fragen beschäftige. Das unterscheidet das private Lesen (das ich als „Hobby“ oder auch als „Leidenschaft“ ansehe) vom beruflichen Lesen. Wenn ich eine rechtliche Frage prüfe, dann suche ich natürlich zielgerichtet nach bestimmten Antworten – gibt es zu einer bestimmten Situation schon ein Urteil, hat sich die Rechtslage verändert, wie groß ist das Risiko. Privat – also in meiner Freizeit – lese ich anders. Ich nutze die freie Zeit, um aus einer (ziemlich großen) Auswahl von Büchern und Zeitschriften das zu lesen, was mich gerade in dem Moment anspricht. Natürlich können dann auch Inhalte dabei sein, die beruflich interessant sind oder es später werden, das ist aber nicht mein „Leseziel“ – das ergibt sich „nebenbei“.

Aber drehen wir die Frage für einen Moment um: führt das Festlegen eines Ziels dazu, daß eine Beschäftigung kein Hobby mehr ist? Ich zögere, weil mich die „Zielorientierung“ schon stört. Natürlich kann es Hobbies geben, die (auch) mit einem „Ziel“ betrieben werden – Sport, um den Körper fit zu halten, um sich nach einem anstregenden Tag auszupowern oder um Beschwerden (z.B. Rückenschmerzen) vorzubeugen; Fremdsprachen lernen – um sich in anderen Ländern mit Menschen verständigen zu können. Was überwiegt aber? Der prüfende Blick auf das Ziel oder die Leidenschaft an der Aktivität? Das ist für mich die wesentliche Frage für meine Abgrenzung zwischen einem Hobby und anderen Aktivitäten.

Ein Ziel zu haben führt also nicht notwendigerweise dazu, daß etwas kein Hobby mehr sein kann. Das bedeutet aber noch nicht, daß ein Hobby ein (konkretes) Ziel erfordert.

Lernen oder lesen?
Vielleicht wird an dieser Frage, die sich indirekt aus unserer Diskussion ergab eigentlich klar, warum das Hobby Lesen – zumindest für mich – kein Ziel erfordert. Auf eine bestimmte Art und Weise tauchte in unserer Diskussion die Unterscheidung zwischen Lernen (Wissen aus Sachbüchern erweitern) und Lesen (Romane) auf.

Ein weiterer Tweet:
Weil Sachbücher darauf ausgerichtet sind, das Wissen zu erweitern. Romane, in Welten einzutauchen.

Eine Unterscheidung, die ich nicht teile, die aber durchaus mit der Frage nach dem Ziel zusammenhängt. Lese ich, um zu lernen oder lerne ich, weil ich lese? Der Unterschied mag auf den ersten Blick gering erscheinen, er ist aber größer als man denkt. Der für mich größte Unterschied liegt in der Auswahl der Texte, die ich lese. Wenn ich „nur“ lese, um zu lernen, dann werde ich vermutlich (wie in dem Tweet auch beschrieben) eher Texte auswählen, die zu meinem Lernziel passen. Das können thematisch passende Sachbücher sein, Fachzeitschriften oder Blogbeiträge. Natürlich ist dieses zielgerichtete Lesen nicht schlecht, ganz im Gegenteil – ich freue mich immer, wenn Menschen lesen. Aber Lesen hat für mich noch eine andere Komponente: oft finde ich beim Lesen „Dinge“, die ich gar nicht erwartet hätte und die mich zu neuen Themen, neuen Autoren/Autorinnen und auch zu neuen Büchern und Texten führen. Beim Lesen von Texten, die ich nicht „zielgerichtet“ ausgewählt habe, sondern die mir einfach „gefallen“ oder mich „interessieren“ bewege ich mich abseits meiner eigenen Erwartungen. Das Buch von Nuccio Ordine ist ein gutes Beispiel. Titel und Klappentext haben mich damals, als ich es in einer Buchhandlung gesehen und gekauft habe, angesprochen. Ich habe dort kurz in das Buch hineingeschaut, konkrete Erwartungen hatte ich aber nicht. Umso interessanter ist es nun für mich, daß dieses Buch sich sehr stark in kurzen Kapiteln mit anderen Texten auseinandersetzt. Da sind spannende Querverweise – zum Beispiel zu Shakespeares „Der Kaufmann von Venedig“, den ich demnächst sicherlich lesen werde. Ich genieße es, mich mit Fragen und Texten zu beschäftigen, die eben nicht „notwendig“ sind, die ich beruflich gerade nicht „brauche“, die mich und mein Leben aber bereichern!

Interessanterweise kann ich oft Gedanken oder Themen, die aus meinem reichhaltigen Lesefundus stammen, an anderen Stellen wieder einsetzen und mit beruflichen oder persönlichen Themen verbinden. Das ist nicht mein Ziel beim Lesen und bei der Lektüreauswahl, es ist eher ein positiver und manchmal überraschender „Nebeneffekt“. Es bleibt beim Lesen halt mehr „hängen“, als man so denkt.

Sachbuch oder Roman?
Es war eine interessante Annahme, die gestern in dem Twittergespräch indirekt zutage kam. Wir diskutierten über die Abgrenzung von „Hobby“ und „Zeitvertreib“. Dabei stellte ich die Frage, was das Lesen im Zug eigentlich ist. Antwort: Zeitvertreib. Ich fragte nach, ob das am Ort liegt und bekam die Antwort: nein, Romane lesen ist für mich grundsätzlich Zeitvertreib.

Spannend! Denn ich habe während des ganzen Twittergesprächs zu keinem Zeitpunkt geschrieben, was ich im Zug denn überhaupt lese. Die Annahme an sich (Romane) ist natürlich nicht schlimm, sie ist aber so nicht zutreffend. Wenn die Unterscheidung nach Hobby oder Zeitvertreib tatsächlich auf einem Buchtyp beruhen würde, dann wäre eigentlich die Frage „was liest Du denn im Zug?“ naheliegend gewesen.

Es ist diese Einengung auf wichtige und weniger wichtige Werke, die mich wieder an das Buch von Nuccio Ordine erinnert. Wäre es schlimm und weniger sinnvoll, wenn ich „nur“ etwas Schönes lese? Ein Gedicht, eine Novelle, einen Roman?
Es ist meines Erachtens diese Wertung nach Nutzen und Bedeutung, die Kunst und Kultur immer weiter abdrängt. Gleichzeitig glaube ich, daß wir Kunst und Kultur brauchen, um uns mit unseren Werten, unserer Geschichte und damit auch unserer Zukunft auseinanderzusetzen. Ist ein Buch über Marketing wirklich wichtiger als Der Kaufmann von Venedig? Ich finde beides wichtig und möchte diese Vielfalt und die damit verbundene Anregung auch nicht missen.

Was ist mit Erfolg und Anerkennung?
Ich bin froh, daß ich mal wieder einen längeren Blogpost geschrieben habe. Das Thema hat mich inspiriert und natürlich freue ich mich auch, wenn jemand diesen Blogpost liest – vielleicht sogar bis zum Ende. Aber dabei geht es mir nicht um Erfolg oder Anerkennung, sondern eher um das Aufnehmen oder Weiterführen eines Gesprächs und um das Festhalten meiner Gedanken. Es mag sein, daß sich niemand dafür interessiert. Dann ist das halt so. Und wenn es anders ist, dann ergeben sich daraus vielleicht gute Gespräche. Egal wie, mir ist durch das Schreiben deutlich geworden, wie meine Haltung zu diesem Thema ist.

Noch weniger passen die Begriffe von Erfolg und Anerkennung für mich auf das Lesen selbst. Quantitativ mag Lesen durchaus meßbar sein – in der Zahl der gelesenen Bücher oder gar der gelesenen Seiten. Aber was sagt das für mich wirklich aus? Bin ich „erfolgreicher“ wenn ich in diesem Jahr 10 Bücher mehr lese? Habe ich versagt, wenn es 10 Bücher weniger sind? Was ist mit dem qualitativen Aspekt? Manchmal sind es gerade Bücher mit „sperrigen“ Themen oder Fragen, die lange nachwirken, manchmal werden aus Zufallsfunden Lieblingsbücher. Ich will das nicht messen und schon gar nicht will ich messen, was ein Buch in meinem Kopf oder in meinem Herzen bewirkt.

Fazit?
Lesen ist meine Leidenschaft, mein liebster Zeitvertreib, mein Hobby und es ist ein Genuß aus einer Vielzahl vermeintlich „wichtiger“ und „unwichtiger“, „nützlicher“ oder gar „unnützer“ Werke aller Art auswählen zu können. Ich entschwinde dann mal mit einem guten Buch …….

Von Sternen, Herzen und Kröten ….

Twitter hat heute Geburtstag – 10 Jahre wird das Netzwerk schon alt. Ich bin immerhin seit 2009 dabei und habe sogar meinen allerersten Tweet wiedergefunden.

Viele haben sich heute zu Twitter und zum Twittergeburtstag geäußert – in Tweets, in kurzen Filmen und in Blogbeitragen. Muß ich jetzt auch noch ….? Ja, ich muß, denn ich möchte mich einerseits für vieles bedanken, andererseits bin ich aber auch über manches enttäuscht. So ein Jubiläum ist daher ein „guter“ Zeitpunkt, darüber zu sprechen.

Sterne und Sternstunden
Ich weiß noch, daß ich ganz am Anfang die „üblichen Vorurteile“ hatte. Da erzählen die Menschen doch nur, daß sie zum Essen oder zum Kaffeetrinken gehen. Aber im Sommer 2009 überwog dann meine Neugier und ich habe mich angemeldet – gleich mit mehreren Accounts. Ganz langsam und vorsichtig habe ich begonnen, mir eine Timeline aufzubauen, mich mit neuen Themen zu beschäftigen und Sterne zu verteilen.

Die eigentlichen Sternstunden kamen später und hingen mit einer aktiveren Twitternutzung zusammen. Ab Frühling 2012 habe ich relativ intensiv von Twittwochen, Tagungen und Barcamps getwittert. Das schaffte eine doppelte Vernetzung – über die Twitterwall mit den twitternden Menschen vor Ort und über die Entfernung mit denen, die einem Hashtag folgten und Interesse an einer Veranstaltung/einem Thema hatten. Ohne Twitter wäre ich vielen Menschen, die heute mein Leben bereichern, nicht begegnet und ohne Twitter hätte ich auch viele spannende Gespräche und Diskussionen nicht geführt, viele Themen und Veranstaltungen gar nicht mitbekommen.

Für mich ist Twitter nicht nur ein Ort der schnellen Information, sondern vor allem ein Ort des dialogischen Gesprächs, der neugierigen Fragen und des Aufbaus neuer Kontakte. Gerade weil man „einseitig“ folgen kann, ist es möglich, völlig unbekannte Menschen und ihre Themen zu entdecken, ihnen zu folgen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Viele der heutigen Geburtstagstweets haben das auch schön zum Ausdruck gebracht. Sternstunden halt!

Herzen …….
Aber manche Entwicklungen sind auch schwierig. Ich erinnere mich noch an die Zeiten, als es problemlos einen Feed der neuen Follower und auch der Mentions gab, heute funktioniert nicht einmal die Email-Benachrichtigung und ich muß mir immer wieder Umwege suchen, um Wichtiges irgendwie „abzuspeichern“. Ganz schlimm wurde es für mich, als die Sterne zu Herzchen wurden – völlig ohne Auswahlmöglichkeit. Ich mag Twitter ja wirklich von Herzen gerne, aber Herzen verteilen …. nein, das ist nicht meins.

In meiner Timeline schrieb heute jemand, daß Twitter sich treu bleiben soll. Das ist ein wichtiger Wunsch. Denn die Jagd nach neuen Zielgruppen, die man vielleicht ohnehin nicht erreichen kann (Mario Sixtus hat mir heute in seinem Interview in vielen Punkten aus dem Herzen gesprochen) macht die Plattform nicht stärker, eher im Gegenteil.

Kröten ……
Ja, es ist wichtig, ein Finanzierungsmodell zu finden. Oft genug wurde auch schon vorgeschlagen, daß überzeugte Nutzer ja etwas für eine werbe- oder auch herzchenfreie Version zahlen können. Vielleicht ist der Blick auf Werbung und auf junge Zielgruppen einfach zu eng und führt dazu, daß den „alten“ Nutzern auch manche Kröte vorgesetzt wird. Die Herzchen waren beziehungsweise sind so eine Kröte für mich, die Einstellung der Desktopversion von Tweetdeck für Windows ist ebenfalls eine solche Kröte. Ich bin traurig, weil ich das Gefühl habe, daß Twitter mich manchmal zu einer bestimmten Art der Nutzung zwingen will, die für mich nicht paßt.

Und so bleibt am Jubiläumstag ein leicht bitterer Beigeschmack, der meine Freude über die Sternstunden der letzten knapp sieben Jahre meiner Twitternutzung ein bißchen trübt. Wird auch morgen für meine Art der Twitternutzung noch „Platz“ sein?

Ich wünsche es mir und ich wünsche mir, daß Twitter die Offenheit wiedergewinnt, die es in meinen Augen gerade vor ein paar Jahren noch hatte und die für mich den unverwechselbaren Charme der Plattform ausgemacht hat und irgendwie auch immer noch ausmacht – trotz aller Kröten.

In diesem Sinne: herzlichen Glückwünsch Twitter und alles Gute für die nächsten 10 Jahre!

Innovativ sein?!

Letzten Mittwoch fand in Düsseldorf im Gewächshaus eine Kooperationsveranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung zum Thema Innovation statt. „How to be innovative“ war der Titel der Veranstaltung, der mich so neugierig machte, daß ich mich angemeldet habe und hingefahren bin.

Neugierig auf Innovation?
Ich bin neugierig auf das Thema Innovation aber auch auf den Umgang mit dem Thema. Oft genug wird Innovation als technische Neu- beziehungsweise Weiterentwicklung verstanden. Es geht dann oft um patentrechtliche Fragen, um Fördermöglichkeiten bei Forschung und Entwicklung, um die Markteinführung neuer Produkte. Das ist alles wichtig. Nach meinem Verständnis umfaßt Innovation aber mehr. Es ist eine Aufgabe und Herangehensweise, die für alle kleinen und großen Unternehmen wichtig ist. Wenn sich die „Außenbedingungen“ ändern (zum Beispiel durch die Digitalisierung), dann müssen wir alle schauen, ob/welche Produkte und Dienstleistungen noch „passen“, wie wir unser Angebot verändern und uns und unser Angebot immer wieder „neu erfinden“. Dazu gehört viel Arbeit, viel Austausch, viel Mut, viel Neugier und auch viel Freude am Ausprobieren.
Meistens finde ich bei Veranstaltungen zum Thema Innovation nur wenige dieser Aspekte wieder. Natürlich nehme ich trotzdem Anregungen und Fragestellungen für mich mit – oft aber auch mit dem Gefühl, daß man mehr aus dem Thema machen könnte. Entsprechend neugierig war ich auf die Veranstaltung der Naumann-Stiftung.

Meine Erwartung….
Aufgrund der Einladung (Experten, Diskussion, Minimesse) hatte ich vermutet und erwartet, daß ich vor allem (passiv) etwas hören würde, ein paar Informationen zum Thema sammeln könnte und vielleicht noch ein paar Broschüren mitnehmen könnte. So, wie Veranstaltungen halt oft ablaufen.

…. und wie es wirklich war!
Doch ich wurde positiv überrascht, denn die Veranstalter haben das Thema zum Anlaß genommen, selber etwas Anderes – etwas für sie Neues – auszuprobieren. Das war eine gute Entscheidung! Nach einer kurzen Vorstellung der Experten mit Eingangsstatements und einer wirklich kurzen Diskussion, ging der eigentlich wichtige Teil der Veranstaltung los, die „Mini-Messe“. Jedem Experten wurde ein Stehtisch zugeteilt. Alle Teilnehmer hatten auf ihren Namensschildern einen farbigen Punkt – zum Beispiel gelb oder grün. Jede Farbe stand für eine bestimmte Reihenfolge der Tischbesuche. Ich hatte einen gelben Punkt und habe zusammen mit zwei Menschen, die ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht kannte, zuerst den Tisch von Herrn Professor Burkhardt (Kopfspringer GmbH) besucht, danach den Tisch von Herrn Krause und so weiter bis wir an allen Tischen jeweils ein Gespräch geführt hatten.

Interessant waren dabei zwei Aspekte:
Zum einen war es sehr spannend zu sehen, wie der jeweilige Experte (es waren alles Herren) den Gesprächseinstieg gestaltete. Sehr positiv und auch vernetzend war die relativ einfach wirkende Frage „was machen Sie denn“ – darauf konnte jeder von uns antworten und ich habe so auch gleich in der ersten Runde etwas über die beiden anderen Menschen in meiner „Farbgruppe“ erfahren. Gesprächsanfänge wie „welche Fragen haben Sie an die Politik“ (öhmmm, gerade keine, kann mal jemand anders antworten ….) oder „kennen Sie unsere Förderprogramme“ (ähmm, nein …..) waren schon schwieriger. Bei diesen Fragen habe ich mich stärker zurückgehalten (das meine ich zumindest) und den beiden anderen Tischbesuchern zugehört. Lediglich am letzten Tisch meiner Gruppe kam kein echtes Gespräch mit dem Experten mehr zustande. Vielleicht lag es aber auch einfach an der mittlerweile fortgeschrittenen Uhrzeit.
Der weitaus wichtigere zweite Aspekt: durch die gemeinsamen Gespräche mit den Experten fand auch innerhalb der kleinen Gruppe ein Austausch statt. In meinem Fall führte das sogar zu einem ausführlichen Gespräch (über Innovation, Empathie, Projekte und Bienen) und einer weiteren Vernetzung über Social-Media-Kanäle. Gerade diese „beiläufige“ Art der Vernetzung fand ich sehr ansprechend.

Natürlich sind das alles erst einmal nur kleine Schritte, aber wie ich 2014 schon einmal in dem Blogbeitrag „Neues wagen“ geschrieben habe, sind diese kleinen Schritte extrem wichtig.

Mein Fazit
Schön, daß die Naumann-Stiftung das Thema Innovation aufgegriffen hat und dabei selber etwas Neues probiert hat. Mir hat der Abend sehr gut gefallen – das lag eben auch an den guten Gesprächen, die durch das Veranstaltungsformat möglich wurden – und ich bin auch motiviert, mich wieder stärker mit diesem Thema zu beschäftigen.

Ein Punkt hat sich allerdings nicht verändert – ich habe von der Veranstaltung auch getwittert. Meine Tweets und ein paar „Reaktionen“ habe ich einem Storify zur Veranstaltung zusammengefaßt.

Bleibt zum Abschluß eigentlich nur noch eine Frage: was haben Sie/habt Ihr in den letzten 12 Monaten Neues ausprobiert?

Technikaffin oder ewiggestrig?

Durch Zufall habe gerade ich einen schon älteren aber thematisch immer noch aktuellen Beitrag von Kerstin Hoffmann auf Medium mit dem Titel „Hört endlich auf, euch für eure eigene Rückständigkeit auch noch zu feiern!“ gelesen. Ein spannender Beitrag! An manchen Stellen habe ich genickt, an manchen Stellen gezögert und an manchen Stellen gezuckt – meint sie etwa mich? Es ist schon seltsam, wenn man einen Spiegel vorgehalten bekommt. Daher möchte ich mich hier mit dem Thema und dem Beitrag auseinandersetzen.

Manchmal technik- und medienaffin ……
Wenn ich so ganz grundsätzlich auf die letzten 15 Jahre zurückblicke, dann kann ich sagen, daß Internet und Digitalisierung für mich eine unglaubliche Bereicherung darstellen. Viele Dinge sind heute einfach und selbstverständlich, die „damals“ kaum erreichbar waren. Schon allein die Möglichkeit unterwegs mal eben nach alternativen Bus- oder Zugverbindungen zu suchen, Emails zu lesen oder auch zu beantworten, Nachrichten mitzubekommen, Öffnungszeiten oder Adressen von Museen herauszusuchen – all das sind Dinge, die mein Leben oft genug vereinfachen und bereichern.

Der wesentlichste Punkt ist für mich der praktisch unbegrenzte Zugang zu Wissen. Aber darüber hinaus ist es vor allem die Möglichkeit, sich jederzeit mit Menschen in aller Welt auszutauschen und zu vernetzen. Kommunikation unter Abwesenden ist natürlich nicht immer einfach, aber die vielen Kontakte, die sich „online“ ergeben haben, bereichern mein Leben auch offline – und das nicht nur als Gesprächsthema und ablenkende Beschäftigung.

Manchmal „ewiggestrig“ …….
Ja, und dann gibt es die Bereiche, in denen ich nicht „mitmache“ – mich also verweigere.

Bücher sind da ein wichtiges Thema – aber nicht weil Ebooks für mich keine Bücher sind, sondern weil ich persönlich gedruckte Bücher immer noch bevorzuge. Gedruckte Bücher lassen sich verleihen oder verschenken, es bekommt niemand mit ob und wann ich sie lese und sie sind unabhängig von einem bestimmten Gerät nutzbar. Dafür nehmen sie auch viel Platz in Anspruch und manchmal suche ich dann (leise vor mich hin grummelnd) nach dem Ort, wo das eine bestimmte Buch gerade sein sollte ….. Ja, ich sehe durchaus die Vorteile, für mich überwiegen die Nachteile. Aber: wenn ich mit anderen Menschen über Bücher spreche, dann geht es mir immer nur um die Inhalte und nicht um das Medium. Das ist in der Tat ein wichtiger Aspekt!

Das nächste schwierige Thema: Periscope und Livestreaming. Im Zusammenhang mit Barcamps habe ich mich dazu schon letztes Jahr ausführlich geäußert. Ich selbst bin nicht visuell veranlagt – insofern ist mein Bedürfnis nach Bildern/bewegten Bildern sehr schwach ausgeprägt. Ich kann dabei durchaus den Charme von Live-Aufnahmen oder Videos nachvollziehen und es gibt viele Bereiche, wo das sehr sinnvoll sein kann. Mir macht es aber stark zu schaffen, daß es praktisch keine „bilder- und aufnahmefreien“ Bereiche mehr gibt. Das Gefühl der völligen „Überwachung“ und „Aufzeichnung“ – gerade auch bei digitalen Veranstaltungen – schränkt mich in meiner Teilnahme- und Mitteilungsfreude ein, so daß ich mittlerweile einige Veranstaltungen meide.

Ähnlich schwierig ist es für mich mit Snapchat und anderen visuell ausgeprägten Diensten oder Tools. Ich bin ganz klar textlastig – ich lese gerne Speisekarten und kann lange in der Auswahl schwelgen, aber ich brauche keine Bilder, ich fotografiere mein Essen nicht und ich kann mich auch nicht für Dienste begeistern, wo es vorrangig um Bilder geht. Das mag ein Manko sein, aber das ist halt so.

Zwei Fragen der Perspektive!
Wie sieht es also aus? Es ist irgendwie eine Frage der Perspektive und da drängen sich tatsächlich zwei Richtungen auf: für wie technik- und medienaffin halte ich mich selbst und für wie technik- und medienaffin halten mich „die Anderen“?

Es war gut, über die Frage einmal nachzudenken. Ich schätze mich selbst nicht als technikfeindlich oder ewiggestrig ein, ich nutze relativ viele Tools und Dienste (sogar Hangouts), probiere auch immer wieder Neues aus, aber ich habe nicht wirklich das Bedürfnis überall dabei zu sein.
Aus der Perspektive der anderen ist es schon schwieriger. In meinem digitalen Umfeld bin ich sicher vorsichtig, langsam und vermutlich auch (bezogen auf die Technik- und Mediennutzung) langweilig. In meinem persönlichen und beruflichen Umfeld sieht das schon wieder anders aus. Aus dieser Ecke kenne ich dann auch Kommentare wie „redet Ihr denn noch miteinander“, „was macht man denn überhaupt bei Twitter“ und „ist das nicht nur Zeitvertreib?“. Vielleicht habe ich in einem gewissen Sinne eine „Brückenfunktion“ zwischen den beiden so unterschiedlichen Bereichen.

Neugierig bleiben!
Beim Lesen des Beitrags von Kerstin Hoffmann ist mir klargeworden, daß ein Stehenbleiben für mich am schlimmsten wäre. Ich möchte nicht in zehn oder zwanzig Jahren immer nur wiederholen, wie schön es doch früher bei Twitter, Xing und so weiter war. Andererseits möchte ich auch nicht (mehr) alles ausprobieren. Eigentlich möchte ich neugierig bleiben, immer wieder Neues entdecken und mich für diese Entdeckungen begeistern können. Die wesentliche Frage für mich ist also immer wieder: was habe ich Neues ausprobiert oder entdeckt?

Und bei Euch/Ihnen? Was haben Sie/habt Ihr Neues ausprobiert oder entdeckt?